Der Sozialpolitische Aschermittwoch des AWO-Bezirksverbands Oberbayern fiel in diesem Jahr in politisch bewegte Zeiten. Das betonten sowohl Nicole Schley, Präsidentin der AWO Oberbayern, als auch Festredner und Kabarettist Christian Springer in ihren Reden in Pfaffenhofen an der Ilm.
Zum 39. Mal hatte die AWO Oberbayern zu der Veranstaltung geladen, die reihum in verschiedenen Kreisen bzw. Städten in Oberbayern stattfindet. Der Sozialpolitische Aschermittwoch bietet eine Plattform zum Austausch für AWO-Vertreter*innen aus ganz Oberbayern.
Die Wortbeiträge wollen Denkanstöße geben zu Beginn der Fastenzeit und motivieren, selbst aktiv zu werden. Im Gegensatz zu den Veranstaltungen der Parteien am Aschermittwoch, steht bei der Veranstaltung der AWO Oberbayern die Sozialpolitik und nicht die Parteipolitik im Mittelpunkt.
Sozialstaat und Hilfe für alle
Zu einem funktionierenden Staat gehört auch ein funktionierender Sozialstaat, betonte Nicole Schley und machte deutlich, dass es eine Hängepartie bei der Finanzierung wie Ende 2023 nicht noch einmal geben dürfe. Damals hatte das Bundesverfassungsgericht den geplanten Haushalt der Bundesregierung gekippt und es entstand ein Vakuum, in dem unklar war, welche (Sozial-)Bereiche von Kürzungen betroffen sind. Zudem fragte Schley verwundert bis ärgerlich, warum die freie Wohlfahrt in Bayern 10 Prozent Eigenanteil mitbringen muss, um soziale Aufgaben des Staates zu übernehmen.
Ebenso emotional berichtete Christian Springer sehr persönlich von einem Grundsatz, den ihm seine Mutter mitgegeben hat: „Wenn jemand hinfällt, dann hilfst Du ihm auf, egal wer er ist.“ Sobald es ihm*ihr besser geht, kann – wenn nötig – Recht gesprochen werden. Im Moment der Bedürftigkeit jedoch steht die Hilfe im Vordergrund.
So hält es auch die AWO: Sie ist da, wenn Hilfe gebraucht wird. Ein Grundsatz der AWO ist, nicht nach nationaler, politischer, konfessioneller, beruflicher oder gesellschaftlicher Zugehörigkeit zu fragen, sondern Ansprechpartner zu sein für alle gesellschaftlichen Gruppen.
Die besondere Situation Geflüchteter
Als Gründer des Vereins Orienthelfer e.V. setzt sich Christian Springer besonders für die Belange von Geflüchteten aus Syrien, dem Libanon und Jordanien ein. Anhand der Familiengeschichte von Apple-Gründer Steve Jobs, dessen Vater ein geflüchteter Syrer war, rief er dazu auf, offen auf Geflüchtete zuzugehen, denn: „Es könnte die Familie sein.“ Springer forderte, vor allem flüchtende Kinder zu schützen, denn eines von ihnen verändert in der Zukunft vielleicht unsere Welt.
Für Demokratie, für Meinungsvielfalt
Mit Blick auf die aktuelle politische Lage berichtete Nicole Schley von den Demonstrationen gegen rechts und für Demokratie, die aktuell stattfinden. Gemeinsam mit einem breiten Bündnis aus der Zivilgesellschaft rief auch die AWO Bayern zur Beteiligung auf und demonstrierte mit. Wie wichtig die Demonstrationen sind, machte Schley anhand eines Zitats von Jean-Jacque Rousseau deutlich, denn: „Sobald man bei Staatsangelegenheiten die Worte hören kann: ,Was geht mich das an?‘ kann man darauf rechnen, daß der Staat verloren ist.“ Demokratie sei – wenn auch unvollkommen – alternativlos, wie das Zitat von Winston Churchill aus dem Jahre 1947 zeigt: „Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.“
Zur Demokratie gehöre es auch, Meinungsverschiedenheiten auszuhalten, ergänzte Christian Springer. Das sei nicht immer leicht. Aber: Sobald unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen, eröffnen sich auch immer wieder Möglichkeiten, aufeinander zuzugehen und Standpunkte neu zu bewerten. So geschehen bei ihm und dem ehemaligen Ministerpräsidenten Bayern Horst Seehofer, mit dem er 2015 unterschiedlicher Meinung in Sachen Flüchtlingspolitik gewesen war. Einige Jahre später konnten sich die beiden im Rahmen einer Fernsehsendung wieder einander annähern.
Der Soazialpolitische Aschermittwoch klang traditionell mit einem Fischessen aus, bevor sich die Vertreter*innen der AWO aus ganz Oberbayern zum Bezirksausschuss trafen. Tenor der Gäste: eine gelungene Veranstaltung in ansprechender Umgebung mit einem außergewöhnlichen Festredner in bewegte Zeiten. Christian Springer schloss seinen Vortrag mit einem konkreten Angebot an die AWO: „Ich bin ein Mitstreiter. Ich bin da, wenn Sie anrufen, auch mit meiner Wut.“
Eindrücke in Bildern vom Sozialpolitischen Aschermittwoch
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